Episode Transcript
[00:00:00] Speaker A: Dieses in den Freiraum hinein sich entfalten lassen und diese Vorgänge bei allen Schwierigkeiten, die da auftauchen, zu begleiten. Das ist, glaube ich, etwas, was unser Klagenfurter Seminar kennzeichnet.
[00:00:14] Speaker B: Willkommen im Podcast Gruppendynamik. Ewald Kreinz erklärt in dieser Episode die grundlegenden Kennzeichen des Klagenfurter Organisationslaboratoriums. Lieber Herr Professor Kreinz, lieber Ewald, herzlich willkommen.
[00:00:29] Speaker A: Ja, danke.
Vielleicht ein Gedanke nach diese drei, sagen wir mal, Formen von sozialer Figuration, die gleichzeitig auftreten. Man ist Individuum, man ist Gruppe und man ist Organisation. Und diese drei sind, was ihre Kompatibilität miteinander betrifft, nicht unbedingt leicht vermittelbar miteinander. Also ich habe meine Zugehörigkeitsbedürfnisse, Meine Individuellen kann ich stärker in einer Gruppe erfüllt kriegen als in der Gesamtorganisation. In der Gesamtorganisation muss ich als Gruppe diesen Faktor Zugehörigkeit versuchen zu managen. Und dort aber bin ich sehr viel mehr als das Verhältnis von Individuen in Gruppen, bin ich in Machtauseinandersetzungen verstrickt.
Gerade wenn es um Entscheidungen geht. Also in den gruppendynamischen Trainingsgruppen haben wir ja diese Entscheidungsthematik gar nicht drin. Und die Mitgliedschaft ist ja garantiert durch einfach Definition, wer zur Gruppe gehört. Und dort hat man auch nicht mit Machtfragen zu tun, sondern was ich mit Dominanz, wer ist irgendwie tonangebend, wer hat mehr irgendwie Geltung und so weiter. Aber da geht es ja eigentlich nicht um irgendwas, um irgendwelche Entscheidungen. Sobald wir aber in der aus einer Gruppe hinaus agieren, in den Raum des Organisatorischen, geht es auf alle Fälle um Machtfragen. Und das wird ausgekämpft, kann man sagen, oder ausdiskutiert in der Repräsentantenversammlung. Da gibt es jede Menge Analogien, also weiß ich, die Länderchefs eines Bundesstaates zum Beispiel, die Konferenz der Ministerpräsidenten. In Deutschland heißt es die MPK, wo ein Repräsentant eines Bundeslandes in dem Fall, da mit den anderen irgendwie bundesstaatlich wirksame Entscheidungen treffen soll und dann heimkommt und das verkündet oder auch gar nicht sich daran gebunden fühlt und erst wieder regionale Extrawurst brät. Dasselbe haben wir auf EU-Ebene, wo Gesamteuropa gegen nationalen Eigensinn gestellt ist. Also diese Form von Einigungsschwierigkeit oder auch Machtkämpfen, das ist allenthalben beobachtbar und taucht hier schon auf im Verhältnis von Gruppe und Organisation. Machtmäßig ist so, dass Organisation Gruppe unterwirft, Gruppe Individuum unterwirft. Da hat ein Teilnehmer das irgendwie lustig formuliert, fällt mir gerade ein.
der hat gesagt, Resümee-mäßig, Organisation frisst Gruppe, Gruppe frisst Individuum, Individuum frisst Apfelstrudel, weil die da an dem Restaurant sich den Apfelstrudel geholt haben. Aber das widerspiegelt so diese Machtfrage und das Erleben dabei. Und das ist natürlich ebenfalls, also wie soll ich sagen, es ist lernträchtig in einem, sagen wir mal, lebenswirksamen Sinn, darauf zu kommen, wie die Grenzen der persönlichen Einflussmöglichkeiten eigentlich aussehen und wie es um die bestellt ist und was es überhaupt heißt. Jetzt miteinander sowas wie eine, weiß nicht, wir gestalten unser Zusammensein eigenmächtig.
Und das ist, wenn man so will, ist das natürlich eine eminent politische Situation auch. Und ja, was macht der Staff dazu? Der Staff begleitet das und interveniert an entscheidenden Stellen, wenn man das Gefühl hat, hier läuft der Prozess gerade auf eine Schwierigkeit auf und dann sagt man irgendwie die entsprechenden Sachen, die dann möglicherweise die Dinge wieder verflüssigen, wenn sich da was verhärtet hat.
[00:04:19] Speaker B: Das heißt, wenn wir das jetzt einmal bis zu dem Punkt, wo wir angelangt sind in dem heutigen Gespräch zusammenfassen, ist einmal erstens anzahlmäßig 80 plus minus light, möglichst heterogen, also das heißt, das ist vom Setting her so bedacht, dass das halt einen Zufluss hat von allen möglichen verschiedensten Stellen. Der Staff selber leitet nicht, sondern gibt halt Impulse, wenn gemerkt wird, dass es eigenartig hakt. Und ortsmäßig ist es dann ein Hotelgelände, ein Retreatgelände, wo alle sich dort treffen und alle dort übernachten und durchgängig da sein.
[00:05:01] Speaker A: Ja, nicht zwingend. Auf alle Fälle in Klausur. Leute, die von weiter weg anreisen, wohnen direkt am Ort. Leute, die in der Nähe wohnen, fahren in der Regel heim, tauchen aber dann immer auf zu vereinbarten Zeiten. Das Zeitmanagement ist übrigens eine interessante Frage, weil im Gegensatz zu einer, sagen wir mal, orthodoxen Veranstaltung, wo ich schon einen Zeitplan sagen kann, von bis jetzt ist es hier im Organisationslab etwas eigenartig. Der Staff leitet zwar nicht, hat aber einige Vorausentscheidungen getroffen und die stellen einen Rahmen dar. Und an dem Rahmen ist nicht zu rütteln, außer eine bis dahin entscheidungsfähig gewordene Organisation entscheidet das um. Da muss aber dann mit dem Staff verhandelt werden entsprechend. Also man kann das nicht machtmäßig erpressen oder so. Und ein Punkt, der eigentlich als sowas wie Stadthilfe gedacht ist, ist, dass jeden Tag von neun bis zehn in der Früh eine Vollversammlung stattfindet. Und zwar bis zu dem Zeitpunkt, wo die per Beschluss abgesetzt wird. Diese Vollversammlung kann entweder jetzt gar nicht so einfach, wie man die richtig benennt. Ist das ein Forum? Ist das ein Marktplatz? Ist das ein Plenum? Das hat jeweils andere Semantik. Aber gedacht ist es als eine Gelegenheit, wo sich ohne organisatorische Mühewaltung auf der Seite der Teilnehmer die Leute treffen können. Schon garantiert. Das müssen die nicht mehr organisieren. Das ist schon organisiert. Und allein das sich treffen ist ja schon eine Organisationsleistung. Wann trifft man sich wo und dann muss man sich überlegen zu welchem Zweck.
Mit welchem Zweck belegen wir jetzt diese Veranstaltung? Da kann natürlich ein Meinungsaustausch stattfinden, da können irgendwelche Themen von übergeordneter Bedeutung angesprochen werden. Das Problem ist nur, wenn das nicht moderiert wird, und am Anfang gibt es ja keinen Moderator, dann hat das so eine leicht chaotische, dschungelartige Wildwüchsigkeit. Aber das kommt alles in eine irgendwie zunehmend vernünftige Bahn.
Vernünftig heißt in dem Fall weniger Affekt gesteuert und mehr irgendwie strukturiert. Aber diese Form des Strukturierens ist eine Eigenleistung dann und wird nicht mehr durch den Staff jetzt durchmoderiert. Die Staffleistung, die Vorleistung, wenn man so will, die Entscheidungsmäßige ist, dass es dieses 9 bis 10 Uhr Treffen überhaupt gibt. Wir sagen als Staff nur, unsere Arbeitszeiten sind, Wir Staff sind erreichbar, dann und dann, dort und dort. Häufig orientiert sich dann das Geschehen an diesem Zeitraster, aber nicht zwingend.
[00:07:51] Speaker B: Irgendwie erscheint mir der Staff dann ein bisschen in zwei grundsätzlichen Formen. Einmal als verbindliche Autorität, was die Rahmensetzung betrifft und einmal so als Gruppe, die so Beziehungsangebote macht.
[00:08:09] Speaker A: Ja, kann man sagen. Beziehungsangebote muss man dann auch noch erklären. Also wir sagen das auch, wozu wir zu gebrauchen sind. Und man kann uns fragen. Man kann uns als Gruppe fragen. Man kann uns einzeln fragen. Man kann den ganzen Staff besuchen und mit ihm diskutieren. Man kann auch Einzelne aus dem Staff abziehen und um Hilfe ersuchen. Wir hatten beim letzten Organisationslab interessante Diskussionen, die jetzt nicht die Teilnehmer aufgebracht haben, sondern die wir als Staff irgendwie platziert haben, dass die Frage doch wäre, warum Gruppen eine ganz bestimmte Person wählen als Delegierten oder Delegierte. Was für Motive da dahinter stecken und was man damit eigentlich sagen möchte, weil auch die Form, also jemanden zu entscheiden als Repräsentanten, ist ja ebenfalls eine Kommunikation an die Öffentlichkeit. Was wollen wir damit sagen, dass wir diese Person jetzt da in den Innenkreis hineinschicken? Und da tauchen die wunderlichsten Motive auf. Und die Motive zu untersuchen, ist für Gruppen sehr aufschlussreich.
Warum wollt man das eigentlich? Was fällt uns da ein? Da gibt es dann welche, die schicken die vermeintlich stärksten und durchsetzungsfähigsten Personen. Dann gibt es andere, die finden, ich kenne das sowieso schon, weil ich bin Mittelmanagement in einer Organisation. Ich muss das nicht machen. Ich mache das eh die ganze Zeit, so wie andere. Dieses Soll-Wer-Anderer hat auch was mit Mut und Nicht-Mutig-Sein zu tun. Ab und zu taucht auch sowas wie ein pädagogisches Motiv unter Anführungszeichen auf. Wir haben da eine junge Kollegin, das war letztens der Fall. Wir haben da eine junge Kollegin, die möchte gerne sich erproben und wir ermöglichen ihr das. Und wenn die irgendwie ein Blödsinn in der Innenrunde macht, sind wir entweder Wie soll ich sagen? Erstens nicht dabei. Zweitens, wenn die Ergebnisse nicht wünschenswert sind, dann sind wir eher ermutigend. Beim nächsten Mal schaust auf das. Und das hat aber Konsequenz. Also je nachdem, welche Form von Denkzusammenhang eine bestimmte Person in diese, sagen wir mal, doch ziemlich verantwortliche Lage bringt, hat es Auswirkungen auf das Geschehen in diesem Kreis der Gruppenvertreter. Aber in der Konsequenz dann auch, für die Gruppe, die diese Person geschickt hat. Image bilden zum Beispiel. Das ist ja die Gruppe von dem Vertreter und so wie der Vertreter auftritt, hat das eine bestimmte Rückwirkung auf die Gruppe. Das sind dann die, diese Gruppe dort in dem und dem Raum oder die sitzen da unten am See und die haben uns den geschickt.
[00:11:03] Speaker B: Also das heißt, wenn es dann in der Organisation wieder ist, weil das ist ja dann so gebündelt und verdichtet, Man kennt ja, weil du gesagt hast, der Image bildend, es kommt zwar die Person und die erzählt dir irgendwas, vermittelt irgendwas, setzt sich irgendwie ein oder setzt sich nicht ein für Dinge und wuscht halt manche Sachen stärker, manche weniger stark.
Und gleichzeitig ist aber dann in dieser Gruppe höherer Ordnung irgendwie viel Raum für Fantasie, was da eigentlich dann bei dir unten am See los ist oder sonst wo, wo die verteilt sind halt.
[00:11:41] Speaker A: Für die, die in diese Repräsentationsrolle hineingewählt werden oder sich hineinbegeben jedenfalls, ist das enorm lernträchtig. Also das zu erleben, dass man jetzt plötzlich nicht mehr einfach nur ein Mensch ist, sondern ein Repräsentant und für andere was spricht. Nicht nur für sich. Das gehört irgendwie mit zu den ergreifendsten Lernerfahrungen, die man haben kann.
[00:12:08] Speaker B: Der Staff setzt zum Beispiel diesen einen Treffpunkt fest, wenn man so will, über die Amtsautorität, also von 9 bis 10 müssen alle da sein und gleichzeitig eröffnet der Staff dann die Tür oder zumindest zeigt der Staff auf die Tür, die man öffnen könnte.
[00:12:27] Speaker A: Wenn man gute Argumente hat, dass das nicht passt, ist zu verhandeln.
Ist nicht jetzt in Stein gemeißelt, aber erstmal ist es so, bis es umentschieden wird.
[00:12:38] Speaker B: Das ist dann ein weiterer Teil des Settings und ansonsten jetzt von den Rahmenbedingungen gibt es eigentlich nur noch das Ende als Fixpunkt.
[00:12:47] Speaker A: Zunehmend werden Dinge fixiert.
Im Allgemeinen ist es so, dass nicht diese 9 bis 10 Uhr dieses Meeting abgesetzt wird, sondern dass am Nachmittag noch eines dazu erfunden wird und dann eine zweite Vollversammlung am Nachmittag stattfindet. Aus irgendwelchen Gründen, jetzt auch nicht irgendwie zwanghaft, aber manchmal liegt es nahe, wenn man mit irgendwelchen Verhandlungsprozessen oder Organisationsbildungsprozessen merkt, dass die Zeit knapp wird. Dann muss man spezielle Sitzungen nachschieben und anberaumen. Und das passiert eher, als dass irgendwas einfach abgesetzt wird. Und natürlich alles im Blick auch auf das Ende. Ende ist am Samstagmittag. Und die Frage ist ja dann, wie man die eigenen Lernerfahrungen sichert. Weil mit diesem Learning by Doing, das ist das eine, aber es braucht ja immer auch diese reflektierende Ebene. Und der Staff ist der Garant dafür, dass diese Metaebene des Reflektierens von sich selbst irgendwie auch bespielt wird. Also es reicht nicht nur, dass man was macht. Lernerfahrung ist nicht das Machen selbst, sondern das Reflektieren des Machens. Und jetzt ist die Frage, wie organisiert man Reflexion?
Da ist es, sagen wir mal, der originellste Abschluss ist, wenn die Gruppen oder relevante Teile der Organisation aus ihrer Sicht jeweils einen Rückblick auf den Gesamtprozess in irgendeiner Form darstellen. Also sich was überlegen und einen abschließenden Input machen, was ich Samstag in der Früh für uns war das so und so und wir tun einmal kurz darstellen, wie unser Entwicklungsprozess war in der Organisation. Welche Leute sich bei uns in der Gruppe gefunden haben, wie es uns als Gruppe gegangen ist, wie unser Schicksal war in den, sagen wir mal, machtkampfmäßigen Auseinandersetzungen mit anderen Gruppen und zu welchem Ende wir da gekommen sind. Jetzt beim letzten Mal haben die das jedenfalls so gemacht, dass dann alle Gruppen sowas dargestellt haben. Und das Interessante dabei ist, das passiert nicht einfach so oder weil der Staff es so will, sondern weil eine entscheidungsfähige Struktur das so entschieden hat, dass das klug wäre. Also aus diesem Innenkreis heraus, der mittlerweile sich von einem Sprechergremium zu einem Entscheidergremium verwandelt hatte, mit mehr oder weniger Zustimmung aus den Hintergrundbelegschaften. Dort wurde entschieden, dass man jetzt eine derartige Reflexionsschleife zieht und die in dieser Form ausarbeitet und zum Besten gibt. Dann ist noch ein Moderator bestimmt worden oder sagen wir mal bestimmt gebeten worden. Jemand ist gebeten worden, der als irgendwie qualifiziert sich gezeigt hat, die Moderation dafür zu übernehmen. Und wir als Darf waren da nur Zuschauer. Und den allerletzten Abschluss machen wir meistens so, wir übernehmen dann Prozessende, Staff übernimmt allerletzte Sitzung, Samstag, zweite Hälfte Vormittag und wir machen über die sogenannten Murmelgruppen, machen wir dann, was für letzte Fragen wären noch aufzuwerfen, wo die Leute glauben, dass der Staff die beantworten kann.
Die Reflexionsschleifen hören hier nicht auf, weil viele, nicht alle, aber die, die in irgendwelchen curricularen Zusammenhängen verankert sind und von dort her die Veranstaltung machen, da gehört mit zum Programm, dass die anschließend noch einen Lernbericht verfassen, wie das alles für sie war und was die Learnings waren und was so aufschlussreich war. Und über das schreiben die dann ein paar Seiten und schicken die zu an die Veranstaltungsleitung.
Da sind oft ganz ergreifende und erstaunliche Erkenntnisse dargestellt. Auf diese Weise sichert man das ab, dass da irgendwie auch mit sich selbst in einem vernünftigen Sinn umgegangen wird. Ich muss mich ja ernst nehmen, ich begebe mich in eine Veranstaltung und sitze das nicht nur ab, sondern was lerne ich da? Und aufgrund dieser sehr offenen Situation, wo man ja ununterbrochen mit sich im Geschäft ist, was will ich hier eigentlich und wie geht es mir da? Gibt es genug Material?
Wir regen auch an, schon zu Beginn wird ja das gesagt, dass das darauf hinausläuft, sowas wie einen Lernbericht zum Schluss. Wir regen auch an, sowas wie ein Anführungszeichen-Kurs-Tagebuch zu führen, wo man die wichtigsten Ereignisse festhält. Was sind halt irgendwie, was weiß ich, die die Highlights und Lowlights des Tages so skizzenhaft, über die dann im Nachgang nachgedacht wird.
[00:17:51] Speaker B: Und wenn ich jetzt auf diese harten Punkte des Settings schaue, dann gibt es eigentlich einen wirklich ganz, ganz minimalistischen Rahmen. Der besteht eben aus dem Zeitraum, der klar vorgegeben ist, also mit Beginn und Ende. Dann aus dem Zeitpunkt für diese verbindliche Versammlung am Morgen immer von 9 bis 10. Dann haben wir eben den Abschluss mit den Murmelgruppen, also wo der Staff dann aktiv sagt, okay, das macht's. Und alles, was dazwischen drin passiert, passiert mit Anregung vom Staff, auch unter sozusagen Angeboten vom Staff, dass man halt wie auch immer in Beziehung tritt.
so weit sogar, dass man eben auch in Beziehung treten kann und gewisse formale Gegebenheiten neu verhandelt. Aber sonst gibt es da nichts. Eigentlich ist das, was sich da drinnen dann entwickelt, auch zu einem extrem hohen Teil völlig den Personen überlassen, die da miteinander tun.
[00:18:58] Speaker A: Ja, da muss man aber den Staff mit dazurechnen, mit den Personen, gerade so, wie situativ sich die Dinge entwickeln. Zum Beispiel, man sitzt ja nicht nur irgendwie herum, man informiert sich und geht auch zu Gruppen und hört zu, redet mit denen, was macht sie da gerade, wo steht sie ja. Also, so ein bisschen immer auf diesem Meta-Ebene tritt Überblicksgewinnung. Ganz wichtig immer Überblicksgewinnung. Was ist im Gesamten los? Also das ist schon relativ, sagen wir mal, aktives Treiben auch der Staffmitglieder. Und dann haben wir noch spezifische, Anführungszeichen, Tricks. Wir hatten jetzt über diese ganzen Jahre der Entwicklungszeit die Gelegenheit auch ein Großgruppensoziogramm auf ID-Basis zu entwickeln und das ermöglicht eine relativ schnelle Form der Erkennung einer gegebenen Gruppenstruktur auf der Basis von Vertrauensbeziehungen. Also sieht man ja nicht, aber die Leute füllen dann irgendwas aus und das wird verrechnet Und dann kommen heraus Untergruppen auf der Basis von Vertrauen, Vertrauensbindung. Und das sind zunächst einmal, das sind nicht zwingend die, die sich im Prozess dann als Gruppen herausstellen.
[00:20:19] Speaker B: Also nicht die, die sich dann zusammenschließen zu einer dieser Gruppen, die dann irgendwie ein Sprecher los sendet, sondern...
[00:20:24] Speaker A: Genau, muss nicht sein. Also in der Anfangssituation, wo ja nur Leute sind, da gibt es immer welche, die kennen einander schon. weil sie aus dem selben Curriculum kommen beispielsweise und andere kennen sich nicht und manche sind ganz singulär und wenn man diese Struktur abfragt, dann bilden sich solche Cluster heraus und später, wenn es dann um die Gruppenbildung geht, dann ist diese, also man könnte jetzt diese häufig diskutierte Differenz von formeller und informeller Struktur damit jetzt in Verbindung bringen. Formell bilden sich irgendwelche Gruppen, die haben formell Mitgliedschaften. Manchmal wird auch noch gewechselt, da sind die Strukturen noch weich, aber das informelle ist das Vertrauensnetzwerk. Und das ist nicht deckungsgleich und beides existiert und hat halt eine bestimmte Relevanz.
[00:21:22] Speaker B: Und das wird dann durch dieses Gruppensoziogramm, das da entwickelt wurde...
[00:21:25] Speaker A: Transparent gemacht, ja. Wird ausgerechnet, ausgedruckt, an die Wände gebickt, die Leute können schauen, wo tauche ich denn da auf in diesem Gebilde und was hat das jetzt für Konsequenzen?
[00:21:38] Speaker B: Aha, also das ist jetzt nicht nur für den Staff, nicht nur für die begleitenden Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, sondern das wird auch als Intervention dann in die Gesamtpopulation eingespült.
[00:21:49] Speaker A: Genau.
Wir machen schon zu Beginn, also in der Statistik heißt das Nullmessung, am Anfang die erste Messung und über Nacht ist das ausgerechnet und in der Früh, 9 bis 10 Uhr, hängt das schon an der Wand. Und dann wird das auch entsprechend kommentiert, dass das Vertrauensnetzwerk dieses Bild erzeugt und das ist jetzt der Zustand dieser Menge.
Das ist entweder jetzt ein Hinweis auf irgendwas oder man kann es auch ignorieren oder jedenfalls man weiß dann was über sich und hat eine Information, mit der umzugehen ist.
[00:22:29] Speaker B: Und zwar eben auf Ebene der Gesamtpopulation, also nicht nur über sich als Individuum jetzt, sondern man sieht auch, wie da jetzt andere miteinander vertrauensmäßig verwoben sind und wie jetzt die Person selber als Teilnehmer.
[00:22:41] Speaker A: Immer Gesamtüberblick.
Und das hat natürlich eine Interventionswirkung auf das Geschehen. Manchmal wiederholen wir das, manchmal nicht, je nachdem, wie es interessant ist. Manchmal fragen die Leute, wie kann man das noch einmal machen. Dann machen wir noch eine zweite Art von Soziogramm, in der Regel, nämlich, was halten Gruppen voneinander? Nicht Individuen, Individuen, sondern Gruppe, Gruppe. Wie sind da die Verhältnisse? Und das macht transparent, welche irgendwie mehr im Zentrum des Geschehens sind und eher so in eine Steuerungsrichtung sich verstehen, unter anderem die eher oppositionell wären oder gar nicht oder separat oder sich lieber führen lassen als selber führen und solche Sachen. Interessant ist auch, Da sind ja viele Leute dabei, die entweder schon in Beratungsberufen sind oder sich dort hinein entwickeln wollen. Und eines der aktuellen Catchwörter ist ja agil. Man müsse in den Organisationen Agilität, ganz wichtig. Und abgesehen von dem Spott, den man solchen propagandistischen Floskeln gegenüber kultivieren kann, kann man jetzt sagen, wer daran glaubt, der soll das doch machen. Macht's agil, hindert euch kein Mensch. Zum Teil sind es Leute, die mit irgendwelchen Klienten, Organisationen, in Organisationsberatungszusammenhängen dieses Agilitätspferd reiten und jetzt werden die irgendwie auf sich selbst zurückgeworfen und wenn man schon so überzeugt ist, dass das was Feines ist, kann man es ja realisieren. Überhaupt, das hängt ja mit dem experimentellen Ding da zusammen, dass man alles machen kann, was man will. Man muss die anderen dazu bringen mitzutun.
[00:24:23] Speaker B: Und für mich ist ja sozusagen das Differenzierungsmerkmal, wenn ich jetzt NTL und Davistock hernehme und Klagenfurt dazu stelle, dann ist es dieser minimalistische Ansatz, der unglaubliche Freiräume eröffnet, mit allem damit verbundenen Schwierigkeiten. Also, dass man halt eben, man kann machen, was man will, aber man muss halt die anderen irgendwie...
[00:24:43] Speaker A: Man muss auch machen, was man will.
[00:24:45] Speaker B: Genau, man kann nicht nur machen, was man will, sondern man ist mit der Freiheit konfrontiert.
[00:24:50] Speaker A: Ich glaube, das ist eine zutreffende Beschreibung. Ich meine, bei allem, was ich so herumschaue und von anderen Anbietern auch kenne und auch von Teilnehmerberichten her kenne, arbeiten die meisten mit einem hohen Strukturierungsmaß. Da ist viel strukturiert, oft ist eine ganz klare Leitung installiert und da wird sehr viel top-down gesteuert. Und dann passieren auch alle möglichen Prozesse und die kann man dann auch reflektieren. Wie geht es dann mit Top-Down? Aber wir sind da definitiv deutlich bottom-up mit wenig hierarchischer Voraussetzung.
Ich kann ja jetzt eine Hierarchie aufbauen und dann habe ich sofort den antihierarchischen Affekt da oder was weiß ich, Unterwürfigkeit oder irgendwelche unguten Zustände. Aber in diesem offenen Setting ist zu lernen, wie viel an Hierarchie es braucht und unvermeidlich ist, um zu irgendeiner Art von Entscheidungsfähigkeit einer Organisation zu kommen. Also ich muss, wie soll ich sagen, Freiheit ist die Einsicht in die Notwendigkeit.
Ich muss sozusagen dazu zustimmen, um eine nicht-entfremdete Form von Organisation zusammenzukriegen. Alles, was ich irgendwie mit Vorstruktur in die Welt setze, ist einmal eine Wiederholung des Entfremdungskonzepts.
Und das ist, glaube ich, in der Tat der Unterschied.
[00:26:15] Speaker B: Leute, die dorthin kommen, kommen sowohl, also zum Organisationslaboratorium, zu dieser Lehrveranstaltung, kommen sowohl aus dem Kontext von Universitäten, also jetzt als Studierende oder auch Menschen, die selber jetzt irgendwo bereits als Wissenschaftler tätig sind und sich irgendwie was anderes anschauen wollen, Aber es wird auch verkauft am freien Markt sozusagen. Also man kriegt da Leute ein, die halt sagen, okay, ich bin agiler Coach, ich bin interessiert daran, wie ich diese Agilität einmal so experimentell mir anschauen kann. Also das heißt, man hat wirklich einen sehr großen Querschnitt.
an Teilnehmerinnen, die da mit drinnen stecken und die dann wirklich konfrontiert sind mit dieser Möglichkeit, experimentell aufeinander zuzugehen, einzuwirken. Und der Staff selber und das ganze Framing ist eben extra dazu ausgelegt, dass dieser Freiraum maximal ist und gleichzeitig aber auch im besten Fall, dass Reflexion passiert. Also, dass die Leute nicht nur einfach Turnum fangen und dann irgendwas entsteht, was auch immer.
sondern dass das auch reflektiert wird, was da entsteht und dass die Leute dann darauf Bezug nehmen können und auch für sich selber mal überlegen können, was ihr Input da bewirkt hat oder nicht bewirkt hat.
[00:27:33] Speaker A: Wir reden von Setting, aber eigentlich ist Setting die Folge eines Konzepts und einer Lernphilosophie. Und die Lernphilosophie ist, dass es klug wäre, sich auf diesen beiden Ebenen zu erproben, sowohl Das Tun als auch das Reflektieren über das Tun, das ist, glaube ich, etwas, was die Eigenverantwortlichkeit in seiner Vollständigkeit ausmacht. Alles andere ist dann eine Folge davon. Aus dem Grund verbietet es sich irgendwie eine hierarchische Gesamtkomposition für so ein Laboratorium, was man ohne Weiteres machen könnte oder ein Planspiel oder so irgendwas. Und einige tun das. Es gibt Organisationsseminare, wo genau so agiert wird und dieses in den Freiraum hinein sich entfalten lassen und diese Vorgänge bei allen Schwierigkeiten, die da auftauchen, zu begleiten. Das ist, glaube ich, etwas, was unser Klagenfurter Seminar kennzeichnet.
[00:28:36] Speaker B: Lieber Ewald, vielen Dank, dass du dabei warst, dass du etwas erzählt hast über das Klagenfurter Organisationslaboratorium.
[00:28:44] Speaker A: Ja, fein. Bin neugierig, wie sich das anhört.
[00:28:48] Speaker B: Ich hoffe es hat Ihnen gefallen und Sie bleiben dem Podcast gewogen.