November 26, 2023

00:37:26

Gruppendynamik und Körper

Hosted by

Prof. Dr. Jürgen Radel Dipl.-Ing. Dr. Roland J. Schuster Samuel Friedl
Gruppendynamik und Körper
Gruppendynamik
Gruppendynamik und Körper

Nov 26 2023 | 00:37:26

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Show Notes

In dieser Episode zu Gruppendynamik und Körper erzählt Diplom-Pädagogin und Tantra-Gruppenleiterin Regina König über die tantrische Philosophie. Im Tantra spielen der Körper und das Körperbewusstsein eine wichtige Rolle. Regina König gibt einfache Beispiele wie es möglich ist im Körper zu bleiben oder - z.B. durch das Fokussieren auf das Atmen – in den Körper zurückzukehren.

 

Weiterführende Informationen

Regina König & Hellwig Schinko haben gemeinsam das ARUNA-Institut begründet, das auch von den beiden geleitet wird (https://www.aruna-tantra.de/).

„Ein/e Tantrika, ein Schüler oder eine Schülerin des Tantra, lässt sich voll auf das Leben ein. Er/sie möchte es so erfahren, wie es ist, ohne danach zu fragen, wie es nach den Vorstellungen anderer sein sollte – und ist bereit, dabei alle Projektionen, Idealbilder und Ängste zu konfrontieren, die ihn/sie von der spontanen Interaktion mit der Wirklichkeit abhalten.“ (Quelle: https://www.aruna-tantra.de/was-ist-tantra, abgerufen am 12. Nov. 2023)

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Episode Transcript

[00:00:00] Speaker A: Eine Freundlichkeit, sich selber gegenüber zu entwickeln und natürlich auch anderen gegenüber, aber dass sich selber gegenüber ist die Basis. [00:00:10] Speaker B: Liebe Regina, es freut mich sehr, dass wir beide heute sprechen. Diplompädagogin Regina König. die spezialisiert ist auf Tantra und wir sprechen heute über den Zusammenhang von Körper- und Gruppendynamik beziehungsweise über die Idee des Tantra. Es ist eine Philosophie, die aus dem asiatischen Raum stammt. Liebe Regina, bitte. [00:00:40] Speaker A: Danke mal für die Einladung Roland. Schauen wir einfach, wo wir hinkommen im Gespräch. Also ich bin für alles offen, in welche Richtung auch immer es gehen möchte. Also das wäre zum Beispiel schon ein tantrisches Prinzip, dass man nicht zielorientiert, geradlinig auf irgendwas zugeht, sondern die Dinge sich entwickeln lässt, entspannt. In dem Sinne ist Entspannung und Offenheit für den Moment eines der obersten Prinzipien des ursprünglichen Tantrismus. So wie du gesagt hast, Tantra kommt aus asiatischen Schulen. sowohl in Indien als auch in Kaschmir als auch in Tibet, wo es verschiedenste Arten von tantrischen Schulen gegeben hat. Wir sind in unserer Arbeit ausgerichtet am kaschmirischen Tantrismus, ausgehend von unserem Lehrer Daniel Odier, mit dem wir seit 24 Jahren Praktizierende sind. [00:01:45] Speaker B: Du hast ja Pädagogik und Psychologie studiert. Wieso Pädagogik und Psychologie und wie kam es, dass das dann so in die Instantra weitergeführt wurde? [00:01:58] Speaker A: Also ich muss sagen, ich habe mit Germanistik und Serbokratisch begonnen, ursprünglich die Idee in den Journalismus zu gehen. Und dann habe ich aber nach einem Jahr gemerkt, also das ist nicht das, was mich wirklich interessiert. Und bin dann einer Freundin begegnet, die Psychologie studiert hat und Pädagogik und die hat mir vorgeschwärmt, wie toll das ist in ihrem Fach und dann habe ich sofort gewechselt. Und ich war auch sehr frustriert über die Art, wie damals Psychologie und Pädagogik vermittelt worden ist. Also ich habe in Graz studiert. Die Pädagogik-Professorin war nur an Depressionsforschung interessiert und auf der Psychologie damals hat man sich gegenseitig die Köpfe eingeschlagen. muss ich wirklich sagen, also es war extrem feindselig unter den Lehrenden. Und ich habe dann sehr früh schon begonnen, also eigentlich schon mit 19, 20, verschiedenste Seminare zu besuchen. Also eben auch Gruppendynamik, Gestaltherapie. Ich habe schon damals mit 21, glaube ich, eine Psychodrama-Ausbildung gemacht. Gentle Dance, Körperarbeit. Also ich habe so parallel zum Studium schon recht viel an therapeutischer Ausbildung gemacht und habe damals schon sofort alles umgesetzt selber, was ich gelernt habe. Das heißt, ich habe in Graz eine Montagsgruppe gegründet, wo wir jeden Montagabend alles ausprobiert haben, was irgendwie möglich war. Und das war die Grundlage meiner Gruppenarbeit. und auch therapeutischen Arbeit. Also ich bin damals grünäugig, sagt man oder so irgendwie hinein und habe einfach gemacht. Und es war gut. Es war sehr, hat sehr viel Spaß gemacht. Und ich bin dann damals, ich habe dann damals auch schon meine Fühler ausgestreckt nach Deutschland hin. Bin auch damals schon so während des Studiums immer wieder nach Deutschland gefahren und dort Seminare gemacht. Und bin dann so auf die Weise hineingewachsen in die ganze Sache. Und ich erinnere mich noch, dass immer so mein Bruder, mein älterer Bruder im Hintergrund, du musst was Gescheites machen. Sprich geradlinige Beamtenkarriere. Ich bin vom Pädagogikinstitut ziemlich umworben worden, dass ich dort Karriere mache. Und es hat aber immer in mir ein Wissen gegeben, werde einen unorthodoxen Weg gehen und mich auf dieses Risiko einlassen, sozusagen in den offenen Raum zu gehen und zu schauen, was mir begegnet. Und so war es dann auch, dass ich dann auf dem Rückweg von einem Sommerjob in Sylt, Norddeutschland, auf dem Rückweg in einem Seminarzentrum übernachtet habe und dort ein Seminar begonnen hat. Und da habe ich dann teilgenommen und dann den Leiter kennengelernt und schlussendlich bin ich dann so in Deutschland gelandet und bin dann auch über diesen Mann damals direkt in die Seminararbeit hineingekommen. Also zuerst Organisation und dann assistierend und dann selber leitend. Und ich bin eigentlich seit meinem 19. Lebensjahr konstant in Ausbildungen, in Trainings, im Praktizieren mit verschiedensten Lehrern. Mir war von Anbeginn an klar, die Wichtigkeit der Körpererfahrung. Und das ist eben der interessante Punkt, also im Zusammenhang mit dem Tantrismus, dass man zum Beispiel im ursprünglichen Tantrismus sagt, der einzige Ort, wo wir feststellen können, ob etwas wahr ist, ist im Körper. Wenn ich etwas im Körper nicht wirklich fühle, dann ist es nicht real. Im Kopf kann ich mir alles zurecht denken. Ich kann mir sogar einbilden, ich bin erwacht, erleuchtet. Aber wenn ich es nicht wirklich im Körper fühle, ist es nicht real. Also das ist die Sichtweise des Tantrismus. Deswegen wird zum Beispiel auch im Tantrismus so viel Wert gelegt drauf. Körper, Körper, Körper. Also ganz viel Körperpraxis in Form von Bewegungsmeditationen, in Form von Massage. Selbst wenn mit Visualisationen gearbeitet wird, ist da immer der Körper dabei. Also dass man auch im Körper fühlt, bestimmte Bilder. Und das war das, was mich immer schon interessiert hat. Also ich kann mich erinnern, dass ich schon so während des Studiums ganz viel gelesen habe, damals über den Körper. Ich habe dann angefangen auch mit körperorientierten Meditationen, damals von Osho. Also wir haben dann damals, kann ich mich nur erinnern, in einer Wohngemeinschaft, da waren wir so 15 Leute, haben dann einen Monat lang jeden Morgen die sogenannte dynamische Meditation gemacht. Und das war so wirklich, also wie bringe ich die ganzen Sachen in den Körper? [00:07:48] Speaker B: Tantra könnte man sagen, ist irgendwie so eine achtsame Kooperation mit dem Körper, wo der Körper sozusagen aber nicht jetzt im Sinne eines zu Beherrschenden dargestellt wird, sondern eher im Sinne eines Partners, einer Partnerin, mit der dann verhandelt wird. [00:08:03] Speaker A: Ja, das ist eine interessante Frage, weil also jetzt von der tantrischen Sichtweise her geht es eher um, also geht es überhaupt nicht um beherrschen, sondern eher so um horchen und lauschen. Also so dieses nach innen horchen und daran hängt auch dieser Begriff von in Resonanz sein können. Also das ist zum Beispiel auch eine der höchsten Qualitäten, dass man lernt nach und nach. Im Tantrismus wird immer wieder ein Bild verwendet, dass der Körper wie ein Instrument ist. Also vor allem in Indien gibt es ja ganz viele Seiteninstrumente mit ganz vielen Seiten. Und dieses Instrument, also der Körper, ist entweder fähig mitzuschwingen mit den Dingen, in Resonanz gehen zu können, oder eben nicht. Also wenn ich so verschlossen bin, Blockaden im Körper da sind, wenn ich zum Beispiel über bestimmte Glaubenssätze und Überzeugungen mich einenge oder mein Wahrnehmungsfeld ganz eng mache, dann kann ich nicht mit den Dingen, die mir begegnen möchten und zwar sowohl von innen her als auch von außen in Resonanz gehen. Dann bin ich so, also einer unserer Lehrer, der Csík Rosenberg, der hat immer so ein Bild gebracht, Da gibt es ja so diese tibetischen Klangschalen, die man schlägt. Und wenn das eine gute Schale ist, dann schlägt man leicht und dann gibt es so einen Klang in Wellen. Und wenn zum Beispiel die Klangschale einen kleinen Riss hat oder irgendwo eine Delle hat, dann macht das Glocken, aber nicht dieser schwingende Ton. Und genauso ist es mit dem Körper. Wenn der Körper offen ist und in Resonanz ist, dann nehme ich alles wahr, was sich in mir und um mich herum bewegt. Und wenn man es zum Beispiel jetzt so von der Gruppendynamik her anschaut, wenn ich zum Beispiel mit einer Gruppe zusammensitze, wenn ich diese kaputte Klangschale bin, dann nehme ich überhaupt nicht wahr, wo die anderen Menschen wirklich sind. Dann bin ich nicht offen für Schwingungen zu anderen Menschen hin, sondern sehe sie mehr oder weniger wie Objekte, die da halt so im Raum sitzen. Wenn ich dieses offene, resonierende Gefäß bin im Körper, Dann nehme ich feinste Schwingungen wahr, kann mich eintunen auf andere und das ist egal, wo das ist. Ob das jetzt ein Meeting ist im Tower einer großen Firma oder ob das eine therapeutische, gruppendynamische Sitzung ist. Ich bin eingeschwungen auf das, was im Raum stattfindet. und bei anderen Menschen stattfindet. Oder ich bin eingeschwungen auf Natur. Und das ist immer eine Körpererfahrung. Das ist nicht was, was hier oben stattfindet im Kopf, sondern das ist sozusagen aus den Zellen heraus kann ich mitschwingen, was mich ständig umgibt. Also so könnte man es am ehesten beschreiben. Wir sind ja zum Beispiel in unserer Arbeit damit konfrontiert, was die Auswirkungen sind der sogenannten Erziehung, egal ob durch Eltern oder in Schulen, wie wir Menschen geprägt sind, in Form von unserer Lebendigkeit zurückgenommen haben müssen. Nicht mehr atmen. Das ist zum Beispiel eine der schwierigsten Dinge, die wir im Moment wahrnehmen. Verstärkt noch durch die Corona-Erfahrungen. Dass kein Mensch mehr wirklich tief atmet, den Körper füllt mit Atem. Dass der Bewegungswunsch total zurückgenommen ist. Der stimmliche Ausdruck zurückgenommen ist. Und das ist das, was wir halt als Kinder erfahren. Dass wir unglaublich viele Botschaften kriegen. Sei still, sei brav, setz dich. Sei nicht so laut, sei nicht so lebendig. Und wir nehmen alles zurück. Also alle Lebendigkeit, die zu uns als Mensch gehört. Was sich dann auch ausdrückt, zum Beispiel in der Sexualität. Wenn ich nicht atme, wenn ich nicht mehr lebendig bin, dann kann ich nur eine Sexualität leben, die eher vom Kopf her bestimmt ist, wo ich dann irgendein Programm abspule, aber wo die natürliche Erregung, Begehren, sexueller Ausdruck nicht mehr direkt aus dem Körper kommt, sondern vom Kopf her dominiert ist. Und so könnte man wahrscheinlich viele andere Bereiche auch hernehmen, wo Das, was ursprünglich ganz natürlich aus dem Körper kommt, wie es zum Beispiel bei Kindern der Fall ist noch, wenn man vom Kindergarten vorbeigeht oder Volksschule vorbeigeht, der Lärmpegel, der Bewegungspegel, der Ausdruckspegel, das ist noch was völlig anderes, als wir zurechtgestutzten Erwachsenen uns durchs Leben bewegen. Und wo dann praktisch diese ursprüngliche Verbundenheit mit dem Körper und der natürliche Atem so abgeschnitten ist, dass wir das, was nicht mehr aus dem Körper kommt, durch mentale Funktionen ersetzen müssen. oder durch Vorstellungen, Ideen, Überzeugungen, Glaubenssätze etc. Aber es ist dann einfach ein kopfdominiertes Leben, also nichts gegen den Intellekt und den Kopf, das ist eine sehr wichtige Funktion, aber nicht nur. Und das ist zum Beispiel das Schöne in der tantrischen Lehre, dass es wirklich uns wieder zurückbringt in den Körper. Zum Beispiel auch eine der höchsten Qualitäten, die es zu entwickeln gilt, wenn man tantrisch praktiziert ist, ist die Fähigkeit des Staunens. Also Kinder, wenn man Kindern zuschaut, die sind ja permanent am Staunen, ob all diese neuen Eindrücke, die die ganze Zeit kommen. Und es sind Körpererfahrungen. Ein Kind sieht zum ersten Mal einen Vogel fliegen. Ein Kind sieht einen Regenwurm. Ein Kind sieht eine Fliege. die sich irgendwo hinsetzt oder ein Schmetterling und das ist alles so, wow, wow. Und wir Erwachsenen sind an der Ecke einfach viel, viel dumpfer geworden. Oder wie wir auch immer wieder es beschreiben in unserer Arbeit, wir halten uns nur mehr in einem kleinen Schrebergarten auf von Erfahrung. Zaun drum rum. In dem Schrebergarten kennen wir uns aus. Das sind drei Salatköpfe und fünf Möhren und sechs Radieschen. Und dann sagen wir, das bin ich. Und wir kommen gar nicht auf die Idee, dass wir das Türchen aufmachen vom Schrebergarten und wahrnehmen, dass es da draußen einen riesig weiten Raum gibt. Im Tantrismus spricht man immer wieder vom unendlichen Raum, den es wahrzunehmen gilt und wo man sich öffnet für die Weite dieses Raumes. Was nicht heißt, dass man nicht total funktionieren kann alltäglich. Weil wenn ich mit dieser Weite des Raumes in Kontakt bin, dann bin ich auch in einer totalen mühelosen Präsenz. Und wenn ich in der Präsenz bin, dann mache ich meine Dinge, die zu tun sind, ja, möglichst entspannt. Und ansonsten bleibe ich in der Offenheit für alles, was mir begegnen möchte, den ganzen Tag. Also es ist nicht so, das muss ich extra nochmal betonen, es ist nicht so, dass man, wenn man jetzt sagt, man öffnet sich zum Beispiel für spirituelle Erfahrungen, dass das was Abgehobenes ist, wo man dann irgendwo jenseits von Zeit und Raum ist. Das heißt, und das ist das Schöne an dieser ursprünglichen tantrischen Lehre, man ist total präsent im Leben, in den Beziehungen, in der Arbeit, in der Sexualität, wo auch immer. Und man ist gleichzeitig offen für diesen weiten Raum, für Körpererfahrung, für Staunen, für in Resonanz sein mit allem, was mir begegnen möchte. Also so könnte man es einfach gesagt beschreiben. [00:18:37] Speaker B: Ich fasse jetzt ganz kurz zusammen. Also ganz wichtig hast du gesagt. Atmen eben, in den Körper zurückkommen und eben in Resonanz auch mit anderen. So als drei wesentliche Punkte. [00:18:50] Speaker A: Ich möchte gleich noch mal einhaken. Ich habe ja auch einiges an Gruppendynamik gemacht in meinen jungen Jahren. Zum Beispiel könnte das eine sehr gute Ergänzung sein, wie heutzutage in der dezidierten Gruppendynamik. Seminaren gearbeitet wird, aber meines Erachtens wäre es zum Beispiel eine sehr gute Ergänzung und Bereicherung, wenn da jemand immer wieder nachfragt, okay, da ist eine bestimmte Energie im Kreis der sitzenden Leute, da laufen bestimmte Prozesse ab. Was fühlt ihr gerade im Körper in diesem Moment jetzt? Was nimmst du gerade wahr, was mit deinem Atem passiert? Also es gibt ja so bestimmte gruppendynamische Situationen, wenn zum Beispiel so leichter Konflikt im Raum ist, dann ist plötzlich, atmet kein Mensch mehr. Dann würden wir zum Beispiel in unserer Arbeit sagen, ok, nehmen wir mal alle einen tiefen Atemzug. Was passiert gerade? Was fühlt ihr alle gerade im Körper? Was passiert innen im Körper? Und dann kann jeder beschreiben. Aha, ich fühle gerade eine Anspannung im Rücken. Ich kriege gerade Kopfweh. Ich merke, wie es mich irgendwie fast vom Stuhl hochhebt. Oder ich merke, wie ich überhaupt nicht mehr im Körper hier bin, sondern irgendwo gerade hinweg verschwunden bin. Dann macht man einfach mal ein Sharing, wo abgefragt wird, was gerade im Körper passiert. Und dann bringt es gleich schon wieder ein Stück mehr Offenheit in die Runde. Wenn es nur auf dieser verbalen Ebene bleibt, entsteht tatsächlich viel mehr Anspannung, als wenn Leute aussprechen dürfen, was sie gerade im Körper fühlen. Oder dann könnte man auch mal, wenn zum Beispiel gerade ein Konfliktenergie da ist, dann sagt man mal, okay, jetzt stehen wir alle auf und schütteln mal den Körper und lassen die Stimme los. Und dann ist mal so eine kleine Katharsis und dann ist gleich sofort eine andere Energie im Raum. Auch in der Gruppendynamik den Körper mit hineinnehmen. Und ich weiß es zum Beispiel, wir haben unglaublich viele Coachs in unseren Seminaren, die auch wenn sie dann ihre Trainings machen mit großen Firmen, Chefs und so weiter, die setzen in der Zwischenzeit alle auch Körperarbeit schon ein oder viele, die dann kleine Körperübungen machen mit irgendwelchen Leuten von großen Firmen, weil sie wissen, dass bringt eine ganz andere Atmosphäre auch in die Gemeinschaft, aus welchen Leuten auch immer die besteht, wenn der Körper dabei ist. Wir machen ja auch Seminare für junge Leute. um sie da so in ihre Beziehungs- und Sexualitätskarrieren zu begleiten. Und da haben die jungen Leute einmal selber entwickelt den sogenannten Schlürfatm. Und das hat sich dann so, das hat so Spaß gemacht und das machen wir seither auch in den Seminaren mit den Erwachsenenleuten. Wir machen ein Teaching und es geht darum, dass man die Aufmerksamkeit der Leute wirklich kriegt, dass man sie herholt und in den Körper holt, auch vom Zuhören her. Und dann machen wir drei, vier Schlüff-Atmen. Das geht so, dass man dann so vorne mit den Händen auf dem Boden, also wir sitzen am Boden, Händen auf dem Boden, dann geht man so mit dem Kopf hinunter, Kopf hoch und dann im Ausatmen machen. Und nur schon diese drei, vier Atemzüge, dieser Schlürf-Atem, das schafft eine Präsenz. Das ist wie herholen in den Moment, in die Gegenwart, in den Körper. Und das kann man überall machen. Wenn man zum Beispiel ein Kind, ein Baby anschaut, die atmen fast immer durch den Mund. Mundatmung heißt Vitalität, Lebendigkeit. Nasenatmung, wie es zum Beispiel im Yoga verwendet wird, ist eine beruhigende, entspannende Atmung. Die allermeisten Menschen, wenn sie atmen, pressen den Mund zusammen und atmen nur mehr durch die Nase. Das heißt, es ist eine eher beruhigende Atmung und kaum jemand atmet, vor allem wenn es um Kontakt geht, kaum jemand atmet mehr durch den Mund. Wenn man den Mund zusammenpresst, dann kontrolliert man über den Atem das, was aus einem herauskommen könnte. Man kontrolliert das Fühlen. Also fühlen ist zum Beispiel nur möglich, wenn man tief durch den Mund atmet. Auch vom Zuhören her, wenn ich zum Beispiel irgendeine Lehrstunde höre oder ein Teaching höre, macht es einen totalen Unterschied, ob ich immer wieder atme oder ob ich den Atem auf diesem Minimum halte, dann kann ich nicht wirklich aufnehmen. Dann nehme ich es vielleicht vom Kopf her auf, aber der Körper fühlt es nicht. Und das sind so ganz kleine Dinge. Also das kann man in jede Gruppendynamik Sitzung hineinnehmen. Liebe Leute, tut mal ein bisschen mehr durch den Mund atmen. immer wieder mal so ein Atemzug nehmen. Du kannst ganz anders aufnehmen, was du innen fühlst, was du von anderen Menschen fühlst und hörst. Es ist ein völlig anderes Aufnehmen, wenn du mehr atmest. Das hat überall Platz. [00:24:49] Speaker B: Was sagst du aus deiner Erfahrung, wie lang ist denn so ein Weg, wo du sagst, naja und jetzt sozusagen kannst du einmal mit einer Gruppe so weit umgehen, dass du die Gruppe so weit halten kannst, dass du mit der Gruppe so scheinbar einfache Tätigkeiten machen kannst? [00:25:13] Speaker A: Selbst wenn ich das leite, unter Anführungszeichen, und mich nicht groß einmische, sondern nur Raum gebe für das, was da passieren kann, ist es eine Sache von, was kann ich als Leiter energetisch, emotional halten, damit die Leute in dem Kreis für sich in die Tiefe gehen können. Das heißt, also wir sehen das zumindest so, Und wie gesagt, ich arbeite jetzt ja 45 Jahre mit Gruppen. Wenn ich selber bestimmte Dinge durchgegangen bin, aufgearbeitet habe, verarbeitet habe in mir, entspannt habe, angeschaut habe, therapeutisch von hinten bis vorne bearbeitet habe, dann bin ich als Leiter in einer Position oder an einem Ort, wo mir, wenn bestimmte Themen in einer Gruppe hochkommen, mir das nicht Angst macht, weil ich es selber kenne, weil ich es selber angeschaut habe. Das heißt, ich kann dem Raum geben, was da hervorkommen möchte, und kann das energetisch auch halten, ohne dass ich mich zum Beispiel groß einmische. Da geht es dann wieder um meine Präsenz, also dass ich bestimmte Energien, die da hochkommen könnten, halten kann. Und je mehr ich halten kann, umso mehr kann da in dem Kreis auch hochkommen. Und insofern muss man sagen, also das ist nicht damit getan, dass man jetzt mal ein bisschen Gruppendynamik Ausbildung macht, sondern dass man selber sehr viel an Erfahrung gemacht hat und für sich selber sehr viel gelernt hat, aufgearbeitet hat und so weiter. Wir zum Beispiel kriegen manchmal ziemlich schwierige Leute in unsere Seminare. Jetzt vor kurzem im August war ein Paar, das kann man auch unter dem Namen Gruppendynamik einordnen, die sind da drinnen gesessen sieben Tage lang und haben uns aufs Schlimmste bekämpft. Wollten uns nachweisen, was für einen Blödsinn wir da machen in unserer Arbeit und dass wir ja die Leute retraumatisieren und ich weiß nicht was. Und dann könnte man, wenn es zum Beispiel sowas ist, dann könnte man sagen, okay, wir schicken sie weg. Oder könnte sich selber zurückziehen und sagen, okay, schützen, aufpassen, ich sage kein falsches Wort mehr. Oder man ist in der Lage, aufgrund von 45-jähriger Berufserfahrung, dass man dieses Seminar mit, weiß nicht, 40 Leuten oder noch mehr hält, auch wenn da schwierige Energien in der Gruppe sind. in einem Selbstverständnis hält, weil man einfach weiß, man macht gute Arbeit. Und das, was man da reingegeben hat, ist nicht ein Blödsinn. Aber es gibt Menschen, die müssen sich da ausagieren mit ihren Spannungen, sag ich mal, und Projektionen. Aber es hat nichts, in dem Sinne nichts mit mir zu tun, sondern ich halte das einfach. Okay, das ist auch eine Realität. Es ist nicht immer nur Friede, Freude, Eierkuchen, sondern manchmal gibt es einfach Konfliktenergien im Raum und dann sitzt man da als Leiter und hält das einfach. [00:28:50] Speaker B: Also wenn wir jetzt die Aggression anschauen, dann wäre meine Frage, gibt es überhaupt die Betrachtung der Aggression im Tantra? Und wenn ja, wie ist da die Sichtweise? [00:29:02] Speaker A: Also im Tantrismus wird nichts ausgeschlossen. Der Tantrismus ist ein sogenannter nicht-dualer Weg, wo keine Unterscheidung gemacht wird, gut, schlecht, darf sein, darf nicht sein, schwarz-weiß, sondern da wird immer die Gesamtheit betrachtet. Und Aggression, wir benennen das als die sogenannte rote Energie, also eine essentielle Energie, die sich entweder negativ ausdrücken kann, also in Form von Gewalt oder Selbstdestruktivität oder auch im Positiven durch Leidenschaft, Kraft, Wille, Durchsetzung für sich einstehen. Das kann in beide Richtungen gehen. Und wenn es zum Beispiel erst am dritten Tag eines Seminars möglich ist, eine zum Beispiel Ärgerenergie auszudrücken, dann braucht es für den Ausdruck dieser Energie auch ein gewisses Maß an Vertrauen. was zu Beginn eines Seminars nicht da ist. Wenn man jetzt sagen wir mal zusammenkommt mit Leuten, die du vielleicht noch nicht kennst, dann muss erst zuerst Vertrauen aufgebaut werden. Und dann ist genug Vertrauen da, dass man es riskieren kann, sich auch mit einer aggressiven Energie zu zeigen. Und das ist auch ein großes Kapitel. Also früher, ich kann mich noch erinnern, wie ich so Gruppendynamik gemacht habe während dem Studium, Und dann sind ja damals nach und nach auch diese sogenannten Encounter-Gruppen aufgetaucht, was ja auch nichts anderes war als Gruppendynamik, aber mit Einschließung auch von Aggression, wo dann sehr kathartisch, Ärgergefühle, Wutgefühle, ich hasse dich und weiß nicht was, ausgedrückt worden ist und auch sehr viele Verletzungen passiert sind in den Seminaren. Also diese kathartische Form von Ausdruck von Aggression ist auch nicht die ideale Lösung. Unterdrückung ist nicht die Lösung und jetzt pure Katharsis, wie man es jetzt in den 80er Jahren, 70er, 80er Jahren gemacht hat, 90er ist es schon besser geworden, war auch nicht die Lösung. Wir arbeiten zum Beispiel, wenn es um so Wutenergie geht, rote Energie geht so, dass wir es adressieren, wenn wir merken, da ist was, boah, kocht. Dass wir zum Beispiel nachfragen, wie fühlt sich das gerade jetzt im Körper an? Und dann kann der andere sagen, Boah, total hitzig. Und es steigt mir von unten hoch bis in den Kopf. Ich könnte Bäume umhauen oder ich könnte jemandem den Schädel einschlagen. Das ist so eine Energie, die will nach außen. Okay, dann sagen wir, lass dich das mal fühlen. Schau, dass du atmest. Lass dich die Hitzigkeit dieser Energie spüren. Und dann könnte man zum Beispiel nachfragen, was könntest du mit der Energie, außer dass du jetzt jemandem den Schädel einschlägst, was würde diese Energie noch gerne tun? Dann kommt vielleicht eine Meldung von, boah, eigentlich, wenn ich genau hinspüre, dann würde ich gerne einmal wirklich das machen, was mir total Spaß macht. Aber ich nehme meine ganzen Wünsche ja ständig zurück. Ich passe mich ständig an. Und dann merke ich, dass da in mir schon was aufgestaut ist. Und dann kippt es irgendwann in diese negative Energie. Das heißt, man schaut, wie man auch diese aggressive Energie sozusagen erforscht, erkundet, was die eigentliche Energie dahinter ist. Es ist ja beides rote Energie. Nur einmal geht es in die negative Richtung und die Frage ist immer, habe ich zum Beispiel irgendwas Wichtiges in meinem Leben, in meinem Alltag, in meiner Beziehung, in meiner Sexualität zurückgenommen. Zum Beispiel erleben wir das öfters, dass Leute, die so wütend werden, Wenn man dann so ein bisschen weiter forscht damit, dann sagen die, ja, ich merke, dass ich mich in meiner Sexualität ständig total zurücknehme und auf lieber mache, als ich bin. Auf lieb und nett mache und brav und angepasst. Und eigentlich ist diese überkochende Energie in mir die Wut darüber, dass ich mich permanent kleiner mache, als ich bin. Oder dass ich meine Lebendigkeit die ganze Zeit zurücknehme. Also so wäre dann die tantrische Herangehensweise auch. [00:33:41] Speaker B: Es ist doch gerade Aggression ein wichtiges Thema und ich finde, das ist jetzt eine sehr schöne Darstellung einer Möglichkeit, wie man damit umgehen kann, wie man daran arbeiten kann. [00:33:54] Speaker A: Es geht in dem Sinn eben dann nicht um das Ausagieren, sondern mehr um diese Erfahrung des Haltens. Also man kann sich wirklich so vorstellen, Körper und Energiekörper sind wie so ein Gefäß und ich lerne mehr und mehr, wenn da so Energien auftauchen, dass ich das halte in mir. Also nicht festhalten, sondern in mir und diese Energie erkunde in ihrer Qualität. Also erforsche was ist das für eine Energie die doch plötzlich hochkommt. Und in dem Sinn kann ich jede Energie, die hochkommt, ob das jetzt Wut ist, Ärger ist, aggressive Energie ist oder auch Liebesenergie ist oder Sehnsuchtsenergie oder Traurigkeit. Also wir arbeiten so damit, dass wir mehr und mehr lernen, das bei sich zu halten. Also man kann sich tatsächlich so vorstellen wie so ein Gefäß, Und dann erforsche ich das, was das gerade ist, was ich fühle, im Körper fühle und was sich in mir bewegt. Und das ist ein anderer Ansatz, als wenn ich das so ausagiere. Wie man es so eben in den 70er, 80er Jahren gemacht hat. In dieser Zeit damals war das adäquat, weil es ja sich entwickelt hat heraus aus einer total restriktiven Zeit, wo so alles unterdrückt worden ist. Und dann war das mal so ein Befreiungsschlag, aber später dann in den 90er Jahren ist man viel mehr dann dazu übergegangen, also diese, der Jack Rosenberg nennt es das Containment-Modell, also Energie halten lernen. erforschen, anschauen. [00:36:07] Speaker B: Was ist Tantra für dich? Wie würdest du das so sehr kurz und also so möglichst komprimiert ausdrücken? [00:36:15] Speaker A: Das ist eine Praxis, wo es um Präsenz geht, um in Resonanz sein können, mitschwingen können, um größtmögliche Berührbarkeit und Offenheit, um mehr und mehr wieder zu lernen im Körper zu sein. Um die Fähigkeit nichts auszuschließen und nichts weghaben zu wollen und nichts anders haben zu wollen als es ist. Eine Freundlichkeit sich selber gegenüber zu entwickeln und natürlich auch anderen gegenüber. Aber das sich selber gegenüber ist die. [00:37:00] Speaker B: Basis Liebe Regina, vielen herzlichen Dank für das Gespräch. Ich habe mich sehr gefreut, dass wir uns hier austauschen konnten. [00:37:10] Speaker A: Ja, danke Roland. Es war sehr inspirierend für mich. [00:37:14] Speaker B: Das war ein Gespräch mit Regina König über die Praxis der tantrischen Philosophie. Ich hoffe, es hat Ihnen gefallen und Sie bleiben dem Podcast Gruppendynamik gewogen.

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